Lexikon – Was sind eigentlich Void Years?

Void Years spielen eigentlich schon immer eine große Rolle, zuletzt aber besonders wenn man sich die Gehaltsstrukturen der New Orleans Saints oder die letzten Verträge von Tom Brady ansieht. In der vergangenen Saison haben diese sich auch bei den Packers, in den Gehaltsbüchern wiedergefunden. Dies hing oder besser hängt mit dem durch die Corona-Pandemie gesunkenen Salary Cap zusammen, hat aber natürlich auf die Gegenwart noch immense Auswirkungen. So große Auswirkungen, dass wir in den kommenden Tagen / Wochen und in der Free Agency die allermeisten der neuen Verträge mit Void Years abschließen werden (müssen).

Void Years und wie damit Salary Cap generiert werden kann

Void Years sind salopp gesagt „Scheinvertragsjahre“. Es sind imaginäre Jahre, die den eigentlichen Vertrag auf fünf Jahre strecken. Warum? Dazu kommen wir später noch. Mit dem Ablauf des letzten regulären Vertragsjahres, meist kurz vor offiziellem Ende des Vertrages, also kurz vor Beginn des neuen Ligajahres, werden die Void Years automatisch gelöscht und der Dead Cap aller übrigen Jahre schlägt direkt in der kommenden Saison zu 100% auf den Salary Cap des Teams.

Warum werden Void Years und der Signing Bonus auf fünf Jahre ausgelegt?

Mit Void Years kann man, wie schon erwähnt, den Cap Hit eines Spielers strecken. Nach dem aktuellen CBA (Collective Bargaining Agreement) gibt es in den einzelnen Spielerverträgen maximal fünf Jahre mit einem anrechenbaren Signing Bonus. Das bedeutet, dass der Signing Bonus maximal auf fünf Jahre verteilt werden kann. Zur Erinnerung: Den Signing Bonus bekommt der Spieler sofort und direkt mit der Unterschrift auf sein Konto überwiesen, also eine Summe, die der Spieler zu 100% bekommt / bekommen hat. Lediglich in den Büchern der Teams kann diesen Betrag eben auf maximal fünf Jahre gestreckt werden.

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Hier kommen die Void Years in Spiel. Wie sieht das Ganze denn bei Spielern aus, die einen neuen Kontrakt mit einer geringeren Laufzeit als fünf Jahren unterzeichnen? Nun ja, in den „regulären“ und „üblichen“ Gehaltsstrukturen wird der Signing Bonus nur auf die Vertragsjahre aufgeteilt.

Beispiel 1 – Vertrag

Wenn Spieler x einen 3 Jahres Vertrag mit $30 Millionen Base Salary und $15 Millionen Signing Bonus unterschrieben hat, sähe im simpelsten Falle sein Vertrag wie folgt aus:

JahrBase-SalarySigning BonusCap Hit
110.000.0005.000.00015.000.000
210.000.0005.000.00015.000.000
310.000.0005.000.00015.000.000
Tabelle 1: So könnte ein vereinfachter regulärer NFL-Vertrag (ohne sonstige Bonuszahlungen) aussehen

Der Signing Bonus von insgesamt 15 Millionen wird zwar mit Vertragsunterschrift fällig und gezahlt, kann in Verträgen aber über die länge des Vertrages gestreckt werden.

Wenn das Team aktuell größere Salary Cap-Probleme hat, gibt es durch die Void Years die Möglichkeit, den Vertrag zu strecken. Dann sähe der gleiche Deal wie folgt aus:

Beispiel 2 – Void Years

JahrBase SalarySigning BonusCap Hit
110.000.0003.000.00013.000.000
210.000.0003.000.00013.000.000
310.000.0003.000.00013.000.000
(4)(x)(3.000.000)(3.000.000)
(5)(x)(3.000.000)(3.000.000)
Tabelle 2: Selbiger Vertrag nach Hinzunahme von Void Years

Wer kann sich noch an die ominöse Taysom Hill-Verlängerung der Saints mit $140.000.000 erinnern? Diese $140.000.000 sind ausschließlich die „(x)“ in der Tabelle, also das Scheingehalt (Basis-Gehalt) in den angehängten Scheinjahren.
Wir bereits erwähnt, fallen die Scheinjahre mit Ende des regulären letzten Jahres weg. Was passiert dann mit dem Scheingehalt? Richtig, es fällt ebenfalls ersatzlos weg, weil es keine garantierte Summe ist. Also ist das Scheingehalt in den Void Years eine fiktive Summe, die niemals ausgezahlt wird. Lediglich der Signing Bonus ist fix, weil dieser eben schon ausgezahlt wurde, direkt mit der Unterschrift unter dem Vertrag.

Zur Vollständigkeit: Wenn der Vertrag aus dem obigen Beispiel nun nach dem dritten Jahr ausläuft und der Spieler x nicht mehr bei dem Team verlängert, dann schlägt der restliche Cap-Hit aller restlichen Jahre, hier im vierten Jahr, voll auf das Dead Cap des Teams. Das bedeutet, im vierten Jahr hat das Team den Signing Bonus aus dem vierten und den aus dem fünften Jahr als gemeinsamen Dead Cap, also $6.000.000.

Void Years in Kombination mit Contract Restructure

In unserem Beispiel haben wir den Cap Hit in der folgenden Saison von Spieler x durch die Hinzunahme von Void Years schon um $2.000.000 gesenkt. Der Cap Hit beträgt aber immer noch $13.000.000. Was kann man denn noch unternehmen, um Cap Space zu kreieren? Genau, man kann die Base Salary restrukturieren.

Base Salary Restructure

Erstmal unabhängig von Void Years gibt es immer die Möglichkeit die Base Salary, das Grundgehalt eines Spielers, in einen neuen Signing bzw. Restructure Bonus umzuwandeln. Warum? Wir haben gelernt: Der Signing Bonus wird anteilig auf alle restlichen Vertragsjahre in den Büchern aufgeteilt (maximal fünf Jahre). Es muss jedoch als Base-Salary das Veteran Minimum pro Jahr stehen bleiben.

Welchen Sinn hat dieses Verfahren?

Aus Sicht des Teams kann man für das laufende / kommende Jahr (je nach dem, wann der Vertrag neu strukturiert wird) Cap Space generieren. Auf der anderen Seite ist die Base Salary ist eben nicht zu 100% garantiert. Wenn man dieses aber in Signing Bonus umwandelt, wird es zu 100% garantiert. Also auch bei Verletzungen, Streiks, Karriereende etc. ist diese Zahlung zu 100% garantiert (bei einem Karriereende hat das Team zwar die Möglichkeit, das Geld zurückzufordern, aber diese Option wird selten genutzt). Außerdem lädt das Team sich in den Folgejahres des Deals, durch die Erhöhung des Signing Bonus zusätzlichen (möglichen) Dead-Cap auf.
Der immense Vorteil überwiegt in den meisten Fällen aber, da das Team „jetzt“ handlungsfähiger wird.
Aus Sicht des Spielers hat eine Base Salary Restructure „eigentlich“ nur Vorteile. Der Spieler bekommt sein nicht zu 100% garantiertes Grundgehalt eben zu 100% garantiert und direkt mit dem Restructure auf sein Konto ausgezahlt. Der einzige mehr oder weniger große Nachteil aus Sicht des Spielers ist, dass die eigentliche Zahlung im Laufe der Saison nur noch das Veteran-Minimum ist, aber dafür hat der Spieler ja sein Gehalt zum Zeitpunkt der Unterschrift zu 100% bereits überwiesen bekommen. Also nur die reine Sicht auf das Konto des Spielers gesehen hat, die Base Salary Restructure für den Spieler keinen Nachteil.

Beispiel 3 – Void Years + Restrucutre

Kommen wir wieder zu unserem Beispiel zurück und sagen zur Vereinfachung der Spieler hat zwischen 3 und 6 Jahren NFL-Erfahrung. In diesem Bereich liegt das Veteran Minimum Gehalt bei ca. $1.000.000 (um genau zu sein bei drei Jahren Erfahrung bei $965.000 und bei vier bis sechs Jahren Erfahrung bei $1.035.000). Zur Vereinfachung sagen wir das Veteran-Minimum sei $1.000.000. Um den Cap Hit in Jahr 1 weiter zu senken, gibt es folgende Möglichkeit:

JahrBase-SalarySigning BonusCap Hit
11.000.0004.800.0005.800.000
210.000.0004.800.00014.800.000
310.000.0004.800.00014.800.000
(4)(x)4.800.0004.800.000
(5)(x)4.800.0004.800.000
Tabelle 3: Selbiger Vertrag, allerdings mit einer Base-Salary-Restrukturierung in Jahr 1

Zusammenfassung – Was haben wir gemacht?

Wir haben zuerst den Signing Bonus durch Hinzunahme von Scheinjahren auf die maximale Dauer von fünf Jahren jährlich um $2.000.000 gesenkt. Im Anschluss wurde die Base-Salary durch die maximale Umstrukturieren von $10.000.000 auf das Veteran-Minimum von $1.000.000 gesenkt und die dadurch entstandenen $9.000.000 auf die fünf Jahre Signing Bonus aufgeteilt. Dadurch entstehen jährlich $1.800.000 Signing Bonus zusätzlich und es ergibt sich ein jährlich angerechneter Signing Bonus von $4.800.000 ($3.000.000 ursprünglich + $1.800.000 durch die Umstrukturierung der Base Salary).

Wir haben also den Cap Hit von Spieler x in dem Jahr, in dem das Team aufgrund von Salary Cap-Problemen zusätzlichen Cap Space benötigt, nur durch Hinzunahme von Void Years und einer Neustrukturierung von $15.000.000 auf $5.800.000 gesenkt. Also haben wir $9.200.000 in den Büchern für dieses Jahr gespart.
Für den Spieler selbst hat dies, wie oben beschrieben, keinen Nachteil, außer dass die eigentlichen Game-Day-Checks deutlich geringer ausfallen, er das volle Geld aber zum Zeitpunkt der Unterschrift direkt ausbezahlt bekommen hat.

Void Years als Allheilmittel?

Für das Team ist es ein Drahtseilakt. In dem Jahr der Umstrukturierung und der Hinzunahme der Void Years generiert das Team Cap Space, um damit wie im Fall der Packers überhaupt handlungsfähig zu sein und oder handlungsfähiger zu werden. Nach unserem fiktiven Beispiel haben wir so $9.200.000 an Cap Space nur für einen Spieler kreiert.
Fairerweise muss man aber auch den Gegenpart erwähnen. Durch die Umstrukturieren und die Aufstockung durch die Void Years hat das Team so in Jahr vier, vorausgesetzt Spieler x wird nicht verlängert (Vertragslaufzeit 3 Jahre), den Dead Cap von Jahr vier und Jahr fünf, also $9.600.000, für einen Spieler, der nicht mehr im Roster ist.

Auch hier gibt es wiederum zwei Argumente, wie das Team dies handhaben kann. Wird der Vertrag des Spielers verlängert, bleibt die Verteilung des Signing Bonus wie in den Void Years vergesehen. Man behält also in Jahr vier (bzw. Jahr eins des Anschlussvertrags) und fünf (bzw. Jahr zwei) jeweils $4.800.000 Cap Hit aus dem alten Vertrag in den Büchern, der sich mit dem neuen Vertrag addiert. Außerdem kann das Team damit rechnen, dass der Salary Cap ständig weiter ansteigen wird und sogar kleinere Sprünge durch neue TV-Deals (Amazon) oder neue International Games (München, Frankfurt) machen könnte. Andernfalls kalkulieren Teams diesen zukünftigen Cap Hit ein. Entweder weil sie kurzfristig ein Titelfenster offen halten wollen, oder weil sie ohnehin wissen, dass sie in Zukunft in einen Rebuild müssen.

Void Years und Restrukturierungen sind sehr effiziente Mittel, um für das aktuelle Jahr Cap Space zu kreieren, wenn er benötigt wird. Sie sind aber auch sehr gefährliche Mittel, denn dadurch wird immer mehr und mehr Dead Cap an das jeweilige Vertragsende gesetzt.

Was heißt das für die Packers?

Ganz einfach – es gilt abzuwägen und sich allen möglichen verschiedenen Beratern hinzusetzen und dann heißt es verhandeln, verhandeln, verhandeln.

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General Manager Brian Gutekunst, Präsident und CEO Mark Murphy und Head Caoch Matt LaFleur sind hier in der “Zwickmühle”. Sie müssen planen und entscheiden, wie man in der kommenden Saison agieren möchte, wer der Starting Quarterback sein wird. Sobald diese Entscheidung getroffen ist, gilt es sich mit sämtlichen relevanten Spielern hinzusetzen und Vertragsänderungen, Restrukturierungen, oder die Hinzunahme von Void Years auszuhandeln. Unterstützt werden sie dabei von Russ Ball, Vice president of football administration/player finance. Die Gehälter und der Salary Cap sind quasi sein Hauptberuf. Das alles bis zum 16.März 2022, dem Start des neuen Liga-Jahrs. Dann müssen alle Teams unter dem Cap sein.

Ganz nebenbei muss bis dahin $48.453.661 an Cap Space durch eben Entlassungen, Restrukturierungen, oder neue Verträge mit potentiellen Void Years generiert werden. Wenn wir dann noch weiter schauen, müssen noch einmal ca. $11.000.000-$14.000.000 für die Draftpicks und die Undrafted Free Agents kreiert werden und im Anschluss noch einmal $4.000.000 für die Practice Squad-Spieler der Saison.

Das sind alles die Zahlen, die generiert werden müssen. Zusätzlich brauchen wir natürlich auch noch neue Spieler bzw. müssen aktuelle Spieler halten. Dies bedarf selbstverständlich auch noch einmal einen gewissen Handlungsspielraum.

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